top of page

Der Bündner Kreuzstich – Teil 2

  • aklucker
  • 25. Juli
  • 2 Min. Lesezeit

Der Kreuzstich war besonders wegen seiner Einfachheit beliebt, technisch gesehen gehört diese Stickart zu den leichteren Handarbeiten. Trotzdem ist der Kreuzstich sehr wirkungsvoll und zudem ist eine grosse Gestaltungsvielfalt möglich. Es ist eine fadengebundene Technik, bei der über eine bestimmte Anzahl Fäden des Gewebes gearbeitet wird. Voraussetzung ist also ein zählbares Gewebe, meistens war dies der Leinenstoff.

 

Fast das wichtigste Merkmal für den Bündner Kreuzstich, ist die «saubere» Rückseite. Diese darf nur waagrechte Stiche aufweisen, mit der maximalen Länge eines Kreuzes. Zudem muss der Deckstich immer die gleiche Richtung aufweisen: Von oben Links nach unten Rechts. Aus diesem Grund ist der Weg und die Abfolge der einzelnen Stiche sehr entscheidend. Dies erschwert die Anwendung des Kreuzstiches.


Die saubere Rückseite beim Sticken des Bündner Kreusztiches
Die Rückseite mit nur waagrechten Stichen.

Im Depot des Rhätischen Museums habe ich einige Stickereien gefunden, bei denen diese beiden Merkmale nicht zutreffen. Diese Stickereien sind bereits vor der Wiederbelebung im 20. Jahrhundert gestickt worden. Im Gespräch mit der Textilverantwortlichen des Rhätischen Museums kamen wir zur Vermutung, dass erst mit dem Wiederaufkommen in den 20er Jahren oder dem Einbinden in den Lehrplan, die besonderen «Regeln» des Bündner Kreuzstiches aufgekommen sind. Im Artikel «Der Bündner Kreuzstich» von 2016 wird beschrieben, dass die saubere Rückseite, je fleissiger und professioneller gestickt, immer wichtiger wurde. Die perfekte Rückseite war der Gradmesser für die Leistung der Stickerin. Dies führte sogar so weit, dass der Faden auf der Vorderseite vernäht wurde.

 

Die Farben des Stickgarns waren mit einigen kleinen Ausnahmen hauptsächlich Rot, ab und zu mit Blau kombiniert, teilweise auch Altrosa. Die Kreuzstichpionierin Elly Koch beschreibt dazu in ihrem Buch «Der altblaue Faden wurde ganz wahllos in die Stickerei verteilt. Oft wurde ein Nelkenblatt blau und 2/3 der Nelke altrot gearbeitet.» P. Notker Curti schreibt in der Einleitung zur Mustermappe 1929, dass die Farben gebraucht wurden, welche sich vom weissen Grund am besten abhoben und welche mit Naturfarben leicht herzustellen waren. Im Falle eines Trauerfalls wurde schwarz bestickt.


Sticken des Bündner Kreuzstiches
Ich liebe die Herausforderung den Bündner Kreuzstich zu sticken :)

Das bestickte hatte die Funktion den Wohlstand zu repräsentieren und das Haus für besondere Anlässe zu schmücken. Jedes Tal hat dabei seine ganz besonderen Vorlieben für Motive und Anordnungen. Es wurden Bordüren, Tiermotive und menschliche Figuren, Blumen, Monogramme oder Jahreszahlen gestickt. Der Löwe steht beispielsweise für Kraft und Stärke, der Hirsch für Lebenskraft, der Hahn für grosse Wachsamkeit, Eicheln oder Granatäpfel als Zeichen für die Fruchtbarkeit. Die Nelke steht als Liebes- und Treuesymbol, der Lebensbaum steht für das ewige Leben. Julia Schmidt-Cardoff schreibt in ihrem Buch «Der Bündner Kreuzstich als Zeichen» allerdings, dass es nicht sicher ist, ob hinter den Stickereien wirklich eine Symbolik steckt oder ob es nur Dekoration war.

 


Herzlich

Anna Laura


Textquellen:

  • Behrens, Kathrin; Heyduck, Ariane (o.J.): „Der Kreuzstich beim Sticken“. Brigitte. www.brigitte.de/leben/wohnen/sel­bermachen/sticken/sticken-lernen--der-kreuzstich-beim-sticken-10164544.html. Zugriff: 12.09.16

  • Koch, Elly (1982): „Schweizer Kreuzstichmuster“. Rosenheim, Rosenheimer Verlagshaus.

  • Notker Curti, P. (1929): „Kreuzstich und Filetmuster aus Graubünden“. „Kulturhistorische Monographie mit 20 Kunstbeilagen“. Chur, Bündner Vereinigung für Heimatschutz.

  • Schmid-Kunz, Nina (2016): Der Bündner Kreuzstich“. In: Tracht und Brauch, 03/2016: 6-11.

  • Schmidt-Casdorff, Julia (2001): „Der Bündner Kreuzstich als Zeichen“. „Aspekte des Wandels weiblicher Kultur in Graubünden“. Chur, Verlag: Bündner Monatsblatt.

 
 
 

Kommentare


bottom of page